Tuesday 12 January 2016

LSD. Die psychedelische

unteren Stufen der ersten Rauschphase präsentierten sich etwas vage und verschwommen Trugbilder mit negativen Eigenschaften. Im Vergleich mit dem Versuch Herbert Schneiders, von dem ebenfalls Eigenbeurteilung und Protokoll sich auf das erste Stadium beschränken, bedeutet der Versuch Frohners die Umkehrung von Schnei­ders euphorischem Positivismus. 6 KurtRegschek Geb. 1923 in Wien, 1939 Kriegsabitur, 1940-43 Soldat, Studium in Paris bis 1931. - Lebt in Wien. Mehrere internationale Preise. Einführung in den Versuch Regscheks künstlerische Welt ist der Versuch einer psychologischen Erhellung seiner Umwelt. Mit den Worten: »Die Wirklichkeit ist phantastisch genug« formulierte er seine Vorbehalte gegenüber dem LSD. In angespannter Konzentration pflegt Regschek eine Landschaft, eine Architektur oder ein menschliches Gesicht »unter die Lupe zu nehmen«. Die Metaphorik macht sich bei ihm nicht so weit selbständig, daß sie sich vom realen Anlaß löst und zum Selbstzweck wird. Aus dem LSD-Protokoll 15.00 Einnahme des LSD. 15.40 »Druck auf Ohren und Augen, bin müde. (Er gähnt.) Wie angetrunken von drei Vierteln.« 16.14 Beginnt das Porträt Richard P. Hartmann. »Fühle mich jetzt nicht aggressiv wie bei allen anderen Drogen. Sehr heiter, das Arbeiten ist hochinteressant.« 16.20 »Erinnere mich an ein Gespräch mit Dir, das kommt jetzt im Bild 'raus. Du hast früher einmal ein Nashorn imitiert, und jetzt hast Du Ähnlichkeit mit einem Nashorn. — Farbeindrücke werden intensiver, auch die Geräusche. Hab’ Lust, ein schönes Bild zu zeichnen. Muß mich nicht dazu zwingen. Die Hand macht nichts anderes als das, was ich will. - Ich spiele mich, arbeite noch nicht.« Beschreibt ein verknittertes Handtuch auf einem Sessel: »Der ganze Sessel ist besetzt mit einem Totenkopf. Hat eine Rüschenhaube auf wie Rotkäppchen. Unten ein verbogenes Nasenbein.« 16.55 »Dein Gesicht ist mir völlig egal, meine Hand ist anders als sonst, macht nicht, was ich will. Nie im Leben habe ich so einen Strich. Alles rinnt davon, habe Schwierigkeiten mit der Proportion, das kenne ich sonst nicht. Alles ist wie Quarkspeise, fließt auseinander, ist sehr weich.« 17.05 »Wo ist die Kontur —, die find’ ich nicht. Ich will keinen Versuch, ich will jetzt zeichnen. - Enorm, daß das keine Konturen hat. Kann alles möglich sein, aber, auch alles woanders. Trotzdem will ich keine Versuchsbilder zeichnen. - Ich mache jetzt wieder etwas, was ich sonst nie mache. Unwiderstehlicher Zwang zu erzählen. - Jeder Satz wie in Wolle gebettet.« 17.18 »Jetzt kommt auch mein Stift wieder unter Kontrolle. Da ist’s natürlich falsch; das wird ein markiger Bauer, so ein ‘Sepp Hilz’. Nur gut, daß nicht ich es ge­macht hab’. (Lacht sehr herzlich.) Das wird ja ein ganz knorriger Hartmann. Ich mach’ doch sonst nie solche Krakeln mit so großen Strichen.« 17.35 »Gefällt mir trotzdem nicht, da ich hilflos bin. Hab’ immer draufgezahlt, wenn ich hilflos war. - Wird ein gutes Ding. Ich halt’ mich sonst sehr in Disziplin, aber jetzt bin dateneingabe ich von einer nie gekannten Gelöstheit. Ich muß aber reden dabei, sonst gehe ich unter. Kann mich sehr über mich lustig machen. Schlüpfe aus der Haut und lache über den Trottel. - Das wird ein gutes Bild; bin nur neugierig, ob es wirklich gut ist oder ob ich’s nur so sehe.« 17.52 »Was mich interessiert; daß hier einer den Hartmann zeichnet, und das bin nicht ich.« 18.20 »Das einzige, was mich narrisch stört und richtig ärgert, sind die Farben. — Du schaust sehr mystisch aus, sehr grün, aber so siehst Du alle Tage für mich aus, auch um 9 Uhr in der Früh’ ohne LSD. - Das Zeichnen empfinde ich jetzt wie eine akrobatische Nummer, die bestellt ist. - Ich hab’ keinen Gusto zum Malen.« Zusammenfassung Unter LSD wird ihm, wie er sagt, der »Augenblick zur Ewigkeit«, eine Wirkung, die Regschek mit der des ‘Heurigen’ vergleicht. Zeichnen zu müssen, empfindet er als Zu­mutung, als solle er eine akrobatische Nummer ausführen. Er findet plötzlich und erst­malig Zugang zu einer rein ornamental ausgerichteten Malerei ähnlich der ostasiatischen Kunst. Regschek erklärt, daß er im wahrsten Sinne des Wortes ‘verrückt’ (eben von seinem gewohnten Standpunkt weggerückt) gewesen sei. LSD verwirre und betäube seine Sinne nicht, sondern ver-rücke sie nur. 7 K. F. Dahmen Geb. 1917 in Stolberg bei Aachen, ab 1931 Besuch der Kunstschule Aachen bis zur Schließung 1933, dann Lehre für ange­wandte Grafik. 1938-43 Kriegsdienst und Gefangenschaft. 1964 Gastdozent an der Kunstschule Bremen. Erster Internationa­ler Kunstpreis der Schweiz, Lausanne (1939) und Karl-Ernst-Osthaus-Preis der Stadt Hagen (1966). Seit 1963 Professur an der Akademie der bildenden Künste in München; lebt seitdem in Niederham (Chiemgau) und in München. Über meine Arbeit (K. F. Dahmen) »Die ersten Versuche, das dreidimensionale Element in meine Bilder einzubauen, liegen im Jahre 1954- Damals war der Begriff ‘objet trouve’ im Gespräch. Man betrat schon bebautes Gelände, denn die Väter der Collage waren längst in der Kunstgeschichte autorisiert und berühmt. Einige Jahre später, bei der Arbeit an meinen reliefierten terrestrischen Bildern, lag es auf der Hand, daß ich die Räumlichkeit und Form mehr und mehr von der optischen Illusion der Farbe loszulösen bemüht war, indem ich mit gefundenen Objekten kompo­nierte, um meiner Bildersprache einen stärkeren Ausdruck zu geben. Die Farbe hatte nur noch verbindende und ästhetische Funktionen. Die Tatsache, daß es mir viel Freude macht, mich in plastischen Experimenten manuell zu betätigen, wo Pinsel und Palette zeitweise durch Hammer und andere Werkzeuge abgelöst werden, veranlaßte mich außerdem immer wieder zu dieser Arbeit, angefangen bei den großen Holzcollagen um 1956 über die Papiercollagen, Assem- blagen bis zu den aufgeleimten und -genagelten Objekten. Diese ‘Kästen’, von einer Holzleiste umschlossen, mit einer Glasscheibe versiegelt, eingemauert, sind introvertierte Gebilde. Manche Betrachter empfinden das Glas als Hindernis, Sperre, denn oft hemmt die Spiegelung den Eindruck, mystifiziert, und ich weiß nicht, ob sie gut ist oder zu sehr dem Effekt dient, indem sie romantische Gefühle von sakraler Weihe assoziiert (Bildikonografie). Die neueren Bildmontagen (1965-66) sind eine authentische Folge meiner Material­bilder. Auf diesen Bildern wird das Geviert der Fläche durch die Erhöhung einer zweiten oder dritten Leinwand, zum Teil als vorgearbeitete Einzelstücke, in einen neuen Real-Raum versetzt. Innerhalb der gestuften Fläche erhebt sich, oft von einem der Bildränder ausgehend, die plastische Aktivzone. Die Leere der anschließenden, nur von knappen Zeichen oder Richtungsbahnen unterbrochenen Bildfläche dominiert. Durch diese kompositorische Aufteilung von Plastik und Großfläche entsteht eine gespannte Raumdialektik. Die Ansammlung aus fabrizierten, aber nutzlos gewordenen Dingen wie alten Ofenkniestücken, Autoreflektoren, Schnürvorrichtungen, wachsge­tränkten Päckchen - Gebrauchsgegenständen, aus der Konsumwelt entlassen - bildet die Aktivzone von oft bedrohlicher Aggressivität. Bei aller Strenge der Bildkonzeption versuche ich, die Poesie, die den Fundstücken durch das Alter innewohnt, zu erhalten, und die bewußten Störungen und Hinter­gründigkeiten meiner früheren Bilder will ich nicht ausschalten. Gute Bilder schließen Widerstände, Bedrohung, Brutalität nicht unbedingt aus, gleich dem Alltag, der voller Störungen verläuft, so wie ich glaube, daß unsere Welt sich nicht nur in der Langeweile einer perfektionierten Muster- und Rastergeometrie erschöpft. Der Bildraum bleibt umschlossen, mittels einer breiten Leiste wird das Objektbild selbst Objekt und tritt als Kasten, als ‘nutzloses Inventar’ in eine Funktion der umgeben­den Architektur. Es soll dem bewohnten Interieur neue Raumspannungen verleihen. Protokoll 11.00 Einnahme des LSD. 11.40 Rascher Einbruch von starken vegetativen Beschwerden wie Übelkeit, dem Gefühl von Seekrankheit, Kopfschmerzen, die auch während des gesamten Ver­suchs latent vorhanden bleiben. Alle Bemühungen des Versuchsleiters, eine positive Einstellung zum Versuch oder zu einer spezifisch bildnerischen Ent­deckung im Laufe des Versuchs zu provozieren, schlagen fehl. So schien es am besten, den Probanden sich selbst zu überlassen, seiner Prüfung der Umwelt bei völligem In-sich-Versunkensein, dem Spiel mit seinen Hunden oder der Zu­wendung zu den inneren Erlebnissen, über die er allerdings während des Ver­suchs wenig Instruktives mitteilen konnte. Als gewisse Belastungen traten häusliche Spannungen und ein unerwarteter Besuch hinzu. Kurz nach Abklingen der spezifischen Erscheinungen gab Dahmen einen Bericht auf Tonband, aus dem wir auszugsweise zitieren. Vorherrschend waren emotionale und optische Veränderungen, rasch wech­selnde Bilder auf dem inneren Bildschirm, »deren Geste aber stark von meinen Vorstellungen und Gefühlen beeinflußt wurde. Auffällig dabei eine eigenartige Farbmischung - wenn ich z. B. ein Gelb vor mir hatte und ich strich mit einem Rotstift darüber, so sah ich im Moment der Berührung schon Orange, in farbiger Übersteigerung und in Form von Blasen, die hervorgluckerten. - Bei der Be­trachtung des Raumes traten nebensächliche Raumwerte, etwa ein heller Schat­ten, optisch gleichwertig neben den Raumkörper selbst. Das habe ich als faszi­nierend empfunden. Dennoch war das Ganze wie eine Betrunkenheit; es gab so komische Verzer­rungen und bizarre Bewegungen aller Gegenstände. Ein endloser Film mit immer neuen Überflutungen und Uberspulungen und neuen Blenden. Zu dieser Verfassung paßte die ‘Leierkastenmusik’ aus Amsterdam, die wir auf den Plattenteller gelegt hatten, recht gut. Aber erstaunlicherweise habe ich sie gar nicht wahrgenommen; Musik und Sprache gehörten nicht mehr zu mir, standen irgendwo außerhalb im Raum, wie ein Echo. Meine Sprache schien nicht mehr aus meinem Munde zu kommen. Ganz anders war das Fühlen — das Tiefdruckpapier war von unglaublicher Modulation, stofflich einmal sogar über­steigert bis zur Landschaft. Das Haptische (Ertastete) in die Zeichnung

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